Arbeitskleidung als Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung, geht das? und was sagt die Finanzverwaltung?

Im folgenden Text werde ich ihnen erläutern warum unter gewissen Umständen bürgerliche Kleidung, als Werbungskosten nach § 9 EStG bei der Einkommenssteuererklärung anzuerkennen sind.  

Grundsätzliches: „Werbungskosten sind Aufwändungen zur Erwerbung, Sicherunng und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.“ § 9 EStG

Dieser Grundsatz ist die Gesetzeslage.

Dem gegenüber steht der § 12 EStG Nr. 1 EStG: „die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen“

Diese Formulierung des Gesetztes stammt noch aus einer anderen Zeit. Der Kernpunkt der Gesetzesaussage ist “ gesellschaftlichen Stellung „. Früher haben hauptsächlich Männer, aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung Anzüge getragen. Dieser Kleidungsstile wurde privat wie auch beruflich vollzogen.

Aus den damaligen Lebenssachverhalten war also dieses Abzugsverbot angebracht. Es gab eine starke tatsächliche Vermischung von beruflichen, privaten aber auch representativen gesellschaftlichen Gründen.

Wenn wir diese veraltete gesetzliche Formulierung 1 zu 1 auf die heutige Lebenswirklichkeit anwenden sehen wir eins:

Anzüge sind nicht mehr teil einer gesellschaftlichen Stellung als Statussymbol.

Viel mehr dienen Sie dazu, ein Symbol rein beruflicher Natur zu sein. Für alle jüngeren Generationen sind Anzüge also keine Symbole der gesellschaftliche Stellung, viel mehr stellen sie ein notwendiges Überl für Berufseinsteiger in diversen Berufen da.

Die reine Gesetzeslage erlaubt Anzüge bzw. die bürgerliche Kleidung, die ausschließlich beruflich genutzt werden als, Werbungskosten anzusetzen.

Gehen wir einen Schritt weiter zu den Spielzeugen des BMF ( Bundesministerium der Finanzen) den Richtlinien bzw. Hilfen.

H 12.1 Kleidung und Schuhe

Als Kosten der Lebensführung nicht abziebar, selbst wenn der Stpl. sie ausschließlich bei der Berufsausübung trägt ( BFH vom 18.04.1994)

Ausnahme: typische Berufskleidung R. 3.31 LStR 2008 und H 9.12 LStH 2009 (Berufskleidung).

H 3.31 Abgrenzung zwischen typischer Berufsbekleidung und bürgerlicher Kleidung

Verweis auf das BFH Urteil vom 18.04.1991

BFH Urteil vom 18.04.1991

In der Entscheidungsbegründung wird vermieden den Begriff der „typischen Berufsbekleidung“ zu definieren, sondern nur auf das BFH-Urteile vom 9. März 1979( VI R 171/77) verwiesen.

BFH Urteil vom 09.03.1979

Dieses BFH Urteil wird von der Finanzverwaltung wie auch von der Fachliteratur als Grundsatzurteil angeführt welches regelt wann Kleidung der typischen Arbeitskleidung entspricht und wann diese auch als Werbungskosten angesetzt werden darf.

Bisher wurden nur Kleidungen deren Nutzung rein beruflich sind vom Kleidungstyp anerkannt wie

z.B. Arztkittel , Blaumann etc … .

Aber dieses Urteil sagt folgendes:

„Zur typischen Berufskleidung können im Einzelfall aber auch Kleidungsstücke gehören, die an sich der sog bürgerlichen Kleidung zuzurechnen sind, wenn sie eng und wesentlich mit der ausgeübten Berufstätigkeit zusammenhängen und eine private Nutzung so gut wie ausgeschlossen ist. Gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Beschluß GrS 2/70) kommt es auch hier für die Abgrenzung von privat und beruflich veranlaßten Aufwendungen weniger auf den objektiven Charakter des angeschafften Wirtschaftsgutes, sondern entscheidend auf den tatsächlichen Verwendungszweck im Einzelfall, auf die Funktion des Wirtschaftsgutes bei dem einzelnen Steuerpflichtigen an. So hat der BFH zB den schwarzen Anzug eines Leichenbestatters als typische Berufskleidung behandelt (Urteil vom 30. September 1970 I R 33/69, BFHE 100, 243, BStBl II 1971, 50). Nach diesen Grundsätzen stellen die Aufwendungen des Klägers für die Anschaffung des schwarzen Anzugs und der drei dazugehörenden schwarzen Hosen sowie für deren Reparatur und Reinigung Werbungskosten dar. Ist ein Oberkellner in einem Hotel aufgrund seines Dienstvertrages gehalten, bei seiner Tätigkeit Kleidungsstücke zu tragen, die wie etwa ein Kellnerfrack odereine Kellnerjacke im Hinblick auf die beruflichen Erfordernisse

gefertigt sind, liegt eindeutig typische Berufskleidung vor. Eine Verwendung dieser Kleidungsstücke zum Zweck der privaten Lebensführung ist aufgrund deren berufsspezifischer

Beschaffenheit ausgeschlossen. Der Senat hat keine Bedenken, auch beim Gebrauch eines normalen Frackes oder Smokings durch einen Oberkellner typische Berufskleidung anzunehmen. Kleidungsstücke dieser Art werden zwar üblicherweise nur zu festlichen Anlässen

getragen. Bei ihrem Gebrauch durch einen Oberkellner im Rahmen seiner Tätigkeit wäre jedoch die Annahme einer ins Gewicht fallenden privaten Verwendung lebensfremd. Gleiches hat zu

gelten, wenn ein Oberkellner, wie im Streitfall der Kläger, aufgrund der Dienstvorschriften seines Arbeitgebers verpflichtet ist, bei seiner Tätigkeit einen schwarzen Anzug zu tragen. Hier

verleiht die vom üblichen Verwendungszweck unterschiedliche Funktion dem schwarzen Anzug regelmäßig den Charakter einer typischen Berufskleidung. Diese Kleidung soll der Position als

Oberkellner Ausdruck verleihen und seiner Tätigkeit den auch vonden Gästen erwarteten äußeren Rahmen geben. Bei einem solchen Sachverhalt dient der schwarze Anzug nicht dem üblichen Zweck als festliche Kleidung, sondern erfüllt nahezu ausschließlich eine berufliche Funktion. Unter diesen besonderen Umständen ist es gerechtfertigt, auch bei einem Kleidungsstück, das üblicherweise der bürgerlichen Kleidung zugerechnet wird, typische Berufskleidung anzunehmen.“

Der BFH definiert die „Typische – Berufskleidung “ also wie folgt:

  1. Typische Berufskleidung sind Kleidungsstücke deren berufliche Nutzung in Ihrer Beschafenheit außer Frage steht wie z.B. : Blaumann, Latzhose oder der Ärztekittel.

  2. Bürgerliche Kleidung die für die Ausübung der Arbeit notwendig ist z.B., wenn diese Kleidung erwartet wird und der Steuerbürger begründen kann, dass er die Kleidung fast ausschließlich ( 95,00 %) beruflich trägt. Wie z.B. Der Bänker, Steuerberater oder Kellner einen Anzug. Der Arbeitgeber kann dies vereinfachen wenn er bescheinigt, das der Steuerbürger diese Kleidungsstücke dienstlich tragen muss und durch andere Kleidung eine Kündigung zu erwarten hat.

Dieser 2. Punkt wurde bisher immer von der Finanzverwaltung verneint aber ist die ausdrückliche Restssprechung des BFH.

Der BMF muss schnellstmöglich einlenken oder er riskiert eine neue Massenklagewelle, die von mindestens 80,00 % der Steuerbürger angewandt werden kann und so etliche Steuerbescheide vorläufig bleiben.

 

Freie Publikation von B.S. Consulting

http://www.bs-wirtschaftsberatung.de/

Autor: Stefan Bösel, Finanzwirt und Freier Sachverständiger im Steuerrecht

Rechtswissenschaftlicher Aufsatz nach § 2 Rechtsberatungsgesetz und § 6 Abs 1 Steuerberatungsgesetz

Thema: Bürgerliche Kleidung und privat nutzbare Gegenstände als Werbungskosten nach § 9 EStG

Geistiges Eigentum: Der Aufsatz bleibt im geistigen Eigentum von B.S. Consulting Stefan Bösel  

 

Die schriftliche Genehmigung zur Veröffentlichung des Textes auf Steuer-Nachrichten.info liegt vor. Wir danken für die freundliche unterstützung.